speedshooter

(Ralf B. ist Kriminalbeamter, der seit etlichen Jahren dem IPSC Sport nachgeht und als internationaler Range Officer (RO) tätig ist. Durch seinen Beruf hat er auch das Verteidigungsschießen intensiv trainiert und an vielen Wettkämpfen teilgenommen. Ralf B. ist somit – im Gegensatz zu den meisten „Waffenexperten“ in den Medien - in der Lage, qualifiziert und allgemeinverständlich die Unterschiede zwischen dem IPSC Sport und dem Verteidigungsschießen zu erklären.)

Zuerst einmal ist zu sagen, dass es im jetzigen Waffenrecht keine Legaldefinition für Combat- oder Verteidigungsschießen gibt. Durch den ehemaligen Referenten des Bundesinnenministerium, Dr. Apel, wurde in Kommentaren zum WaffG ein Katalog mit Merkmalen des Verteidigungsschießens aufgestellt. Diese sind demnach:

  • · Instinktives Schießen,
  • · Deutschüsse
  • · Taktisches Verhalten
  • · Deckung suchen
  • · Verdeckte Trageweise der Waffe
  • · Reaktion auf (simulierten) Angriff
  • · Kampfmäßiger Einsatz der Waffe und Abwägung des Einsatzes.
  • Geschossen wird auf Scheiben, die eindeutig Menschen darstellen. Dabei finden auch Scheiben Verwendung, die ein Szenario (Geiselnahme, Täter am Werk, etc.) darstellen. Verschiedene Wertungsflächen sind auf diesen Scheiben nicht vorhanden.
  • Beim Verteidigungsschießen wird der Schütze „grob in die Lage eingewiesen“, die Gestaltung des Übungsablaufs bleibt dem Schützen überlassen. Damit ist gemeint, dass der Schütze eigenständig entscheidet, wann und ob er überhaupt schießt. Diese Entscheidung wird stark durch Taktik beeinflusst. Bei der Einweisung wird jedoch nicht mitgeteilt, wann wo welches Ziel beschossen werden muss. Auch wird die Anzahl und der Standort der Ziele nicht mitgeteilt. Eine Besichtigung der Übung ist nicht möglich.

    Die Schussabgabe wird so schnell geschehen, wie der Schütze benötigt, die „Gefahrensituation“ zu erkennen. Es wird dann so schnell gezogen und geschossen, dass der „Täter“ keine Zeit hat, den Schützen anzugreifen oder auszuschalten. Dies wird überwiegend durch die Abgabe von Deutschüssen der Fall sein. Die Distanz zur Scheibe ist im Bereich unter 10 Meter, wenn nicht sogar unter 5 Meter. Geschossen wird dann solange, bis „Wirkung“ erreicht wird. Im Idealfall also nur einmal. Oder auch gar nicht, wenn der Schütze entscheidet, dass ein Schuss fatale Folgen haben könnte, weil der Täter z.B. eine Handgranate in der Hand hält.

    Hierbei trägt der Schütze seine Waffe meistens verdeckt. Die Kleidung kann dann auch den Gegebenheiten angepasst sein. Es wäre auch das Tragen von Anzügen oder Abendgarderobe möglich. Man kann ja nie wissen, wann man in eine gefährliche Situation kommt. Und hier ist dann auch, meiner Meinung nach, der größte Unterschied zwischen dem Verteidigungsschießen und Schießen nach IPSC.

    Beim IPSC wird der Schütze durch ein genaues Briefing eingewiesen, wann er wo auf was zu schießen hat. Dem IPSC-Schützen sind die genaue Anzahl der Ziele der Übung bekannt, er macht sich bei der Stagebesichtigung auch vom genauen Stand der Ziele und der verschiedenen Schießpositionen ein Überblick.

    Um eine möglichst hohe Punktzahl zu erreichen, wird gezielt auf die Scheiben oder Ziele geschossen. Dies ist auch auf Entfernungen von bis zu 40 Meter und mehr nicht anders möglich. Da bei der Wertung Trefferpunkte durch Zeit gerechnet wird, ist hier auch eine Art Taktik erforderlich. Sie unterscheidet sich jedoch von der Taktik eines Combatschützen gewaltig. Die Taktik bezieht sich hier eindeutig auf die Minimierung der benötigten Zeit. So kann es möglich sein, dass der IPSC-Schütze bereits nach zwei oder vier Schüssen das Magazin wechselt, weil er dann mit dem Inhalt des neuen Magazins die Übung ohne weitere zeitraubende Unterbrechung beenden kann. Ein Magazinwechsel an einer anderen Stelle der Übung würde dies dann nicht ermöglichen. Der Magazinwechsel wird dann nicht deshalb durchgeführt, weil der Schütze sich leergeschossen hat, sondern weil er so schneller und flüssiger seine Übung beenden kann. Ein Magazinwechsel kann auch an bestimmter Stelle vorgeschrieben sein und dient dann einzig und allein dazu, dem Schützen den Übungsablauf zu erschweren.

    Um dieses alles in der schnellsten Zeit zu bewältigen, muss sich der IPSC-Schütze durch Training von bestimmten Abläufen Verhaltensweisen antrainieren, die ein Combatschütze so nie machen würde. Der IPSC-Schütze trainiert, auf ein Papierziel zwei Schüsse in der für ihn schnellsten Zeit abzugeben. Dabei will er aber auch noch die maximal zu erreichende Punktzahl schießen. Danach wird dann schnell auf das nächste Ziel gewechselt. Der Combatschütze schießt so lange auf ein Ziel, bis „Wirkung“ erzielt wird. Im Idealfall also, wie schon gesagt, einmal.

    Bei den IPSC Papierzielen handelt es sich um neutrale Scheiben in geometrischer Form mit verschiedenen Wertungsflächen, die mit menschlichen Abbildungen nichts zu tun haben. Die Farbe ist einheitlich Kartonbraun. Durch Verkleinerung der Scheiben wird vom Schützen dann nochmals eine erhöhte Präzision verlangt. Die Scheiben werden zwar in Scheibengruppen aufgestellt, es werden jedoch keine Szenarien dargestellt.

    Bei der Ausrüstung wird der Unterschied der beiden Disziplinen noch deutlicher. Die verdeckte Trageweise der Waffe beim Verteidigungsschießen erlaubt nur Ausrüstung, die eng am Körper anliegt und unter der Oberbekleidung nicht aufträgt.

    Anders beim IPSC: Hier ist die Ausrüstung derartig gestaltet, dass wieder alles auf Zeitersparnis ausgelegt ist. Die Ausrüstung darf bis zu 5 cm vom Körper weg abstehen, damit sie nicht am Körper oder an der Kleidung hängen bleibt. Für einige Disziplinen ist auch noch vorgeschrieben, wie die Waffe und die Ausrüstung zu tragen ist. Die Verwendung von Schulterholster oder Holster die Crossdraw getragen werden, ist beim IPSC nicht zulässig.

    Je nach Standbegebenheit wird vom Schützen auch eine hohe körperliche Belastung abverlangt. Laufparcours im knöcheltiefen Sand von einer Länge vom 100 Meter und mehr sind nicht ganz ohne. Vor allen Dingen, weil die Wertung Trefferpunkte durch Zeit ist.